Welche Hürden bei der Integration in den Arbeitsmarkt zu nehmen sind

Veröffentlicht am: 22.11.2024
Hatice Akyün moderiert beim Integrationsforum

Integrationsforum 2024Diskutierten über die Integration in den Arbeitsmarkt: Christine Grimme, Ulrich Pelster, Kerstin Sommer, Dr. Henrike Voet, Florian Wegmann und Hatice Akyün (von links).

Am Mittwoch (20. November) fand auf dem Innovationscampus das diesjährige Lohner Integrationsforum statt. Rund 80 Interessierte aus Politik, Wirtschaft, Vereinen und der Bürgerschaft kamen zusammen, um über die Herausforderungen und Chancen der Integration zu diskutieren. Die Veranstaltung wurde von der städtischen Abteilung für Integration in Kooperation mit dem Runden Tisch für Integration und Völkerverständigung organisiert. Ein Highlight des Abends war der Beitrag der Hauptreferentin und Moderatorin Hatice Akyün, die zu den bekanntesten Stimmen der deutschen Integrationsdebatte zählt.

Im Mittelpunkt des diesjährigen Forums stand die Frage, wie die Integration von Migrantinnen und Migranten in die Gesellschaft und insbesondere in den Arbeitsmarkt erfolgreich gestaltet werden kann. Mit ihrer persönlichen Migrationsgeschichte, die sie humorvoll und zugleich reflektiert schilderte, gelang es Hatice Akyün, die Teilnehmenden für die komplexen Aspekte von Migration und Integration zu sensibilisieren.

Integrationsforum 2024Impulsreferentin des Abends war die preisgekrönte Journalistin Hatice Akyün aus Berlin.

Akyün erzählte von ihrer Kindheit als Tochter eines türkischen Bergarbeiters im Ruhrgebiet. Sie beschrieb anschaulich, wie Nachbarschaft und gegenseitiges Verständnis die Grundlage für ihre Integration bildeten – in einer Zeit, als es weder organisierte Netzwerke noch spezielle Förderprogramme gab. 

„Integration war damals eine Herausforderung des täglichen Lebens, getragen von persönlichen Begegnungen und gemeinschaftlichem Engagement“, erklärte Akyün. Sie betonte, dass sich die Bedingungen seitdem zwar deutlich verbessert haben, dennoch seien Offenheit und gegenseitiges Verständnis weiterhin zentrale Voraussetzungen. Besonders lobte sie die zunehmenden Bemühungen von Unternehmen, die Integration aktiv zu fördern: „Heute überlassen Betriebe die Integration ihrer Mitarbeitenden nicht mehr dem Zufall, sondern setzen gezielt auf Programme, die Fachkräfte unterstützen und sie langfristig binden.“ 

Im Anschluss an den Impulsvortrag moderierte Hatice Akyün eine Podiumsdiskussion mit Expertinnen und Experten aus Politik und Wirtschaft. Dabei wurden die strukturellen Herausforderungen deutlich, mit denen Migrantinnen und Migranten bei der Arbeitsmarktintegration konfrontiert sind: von der Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse über Sprachbarrieren bis hin zu bürokratischen Hürden. 

Bürgermeisterin Dr. Henrike Voet hob in ihrer Einführung die Bedeutung des Lohner Integrationspakts (LIP) hervor, der seit 2008 Unternehmen und Institutionen vereint, um gemeinsame Lösungen zu entwickeln. Sie unterstrich, dass Lohne als wirtschaftsstarke und vielfältige Stadt besonders von der Migration geprägt sei: „Wir stehen vor der Aufgabe, Menschen aus unterschiedlichsten Ländern nicht nur willkommen zu heißen, sondern ihnen auch echte Perspektiven zu bieten.“

Ulrich Pelster, Vorstandsvorsitzender der Schwester Euthymia Stiftung, wies eindringlich darauf hin, wie wichtig internationale Fachkräfte für die Gesundheitsversorgung sind: „Ohne Mitarbeitende aus dem Ausland ist eine funktionierende Pflege nicht mehr vorstellbar.“ Allerdings sei es entscheidend, nur aus Ländern zu rekrutieren, in denen kein eigener Pflegenotstand bestehe. Die Anerkennung ausländischer Qualifikationen sei hierbei jedoch nach wie vor ein großes Hindernis. 

Ähnlich argumentierte Florian Wegmann von Schomaker Reisen. Er schilderte ein Beispiel eines erfahrenen Busfahrers, der trotz 25 Jahren Berufserfahrung in Syrien und der Türkei in Deutschland erneut einen Führerschein machen müsse. „Wir bürokratisieren uns zu Tode“, kritisierte er und plädierte für pragmatische Lösungen, die vorhandene Qualifikationen besser anerkennen.

Die Unternehmerin Christine Grimme aus Damme betonte, wie erfolgreich das von ihrer Familie geführte Unternehmen Geflüchtete durch berufsbegleitende Sprachkurse und Ausbildungsprogramme in die Belegschaft integriert. Zugleich zeigte sie die Belastungen auf, die entstehen, wenn arbeitswillige Migranten trotz intensiver Bemühungen aufgrund aufenthaltsrechtlicher Vorgaben das Land verlassen müssen.

Kerstin Sommer, Vorsitzende des Runden Tisches, ergänzte die Perspektive aus der Zivilgesellschaft. Sie stellte Projekte wie das Hauspaten-Projekt in Lohne vor, das den Austausch zwischen Einheimischen und Geflüchteten fördert. Auch regelmäßige Begegnungsformate wie der internationale Frauentreff oder das Café der Nationen seien wichtige Instrumente, um Vorurteile abzubauen und Netzwerke zu schaffen. 

Integrationsforum 2024Die Protagonisten des Integrationsforums: Christine Grimme, Ulrich Pelster, Kerstin Sommer, Hatice Akyün, Florian Wegmann und Dr. Henrike Voet (von links).

Die Diskussion verdeutlichte, dass Integration eine gemeinschaftliche Aufgabe bleibt, die von allen Akteuren Engagement und Kompromissbereitschaft erfordert. Insbesondere die Anerkennung ausländischer Qualifikationen sowie der Abbau bürokratischer Hürden wurden als zentrale Stellschrauben identifiziert. Gleichzeitig wurde deutlich, wie sehr die Wirtschaft auf die Kompetenzen und das Engagement internationaler Fachkräfte angewiesen ist.

Das Lohner Integrationsforum ist Teil des Lohner Integrationspaktes (LIP) und dient als Plattform für den Austausch zwischen Stadt, Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Es bietet regelmäßig die Möglichkeit, konkrete Projekte vorzustellen, neue Impulse zu setzen und Netzwerke aufzubauen, die über die Veranstaltung hinauswirken.