Kommunaler Friedhof für alternative Bestattungsformen

Veröffentlicht am: 26.04.2017
Autor: Christian Tombrägel

In Lohne könnte es künftig einen kommunalen Friedhof für alle Konfessionen geben. Eine Arbeitsgruppe mit Vertretern aus Verwaltung, Politik und Bürgerschaft beschäftigt sich seit einiger Zeit mit diesem Thema. Angeregt wurde der Friedhof für Muslime unter anderem vom islamischen Kulturverein und von türkischstämmigen Bürgern. Sie vermissen in Lohne die Möglichkeit für Beerdigungen nach muslimischen Glaubensritualen. Bislang finden in Lohne Beisetzungen ausschließlich auf dem katholischen und dem evangelischen Friedhof statt.

„Jeder vierte Lohner gehört nicht der katholischen oder der evangelischen Kirche an“, erklärt Bürgermeister Tobias Gerdesmeyer. Der Bedarf an alternativen Bestattungen ist vorhanden. Und der Platz auf den christlichen Friedhöfen wird mittelfristig an die Grenzen stoßen. Zwar können Andersgläubige auch auf den christlichen Friedhöfen beigesetzt werden, allerdings fehlt es an individuellen und andersreligiösen Bestattungsformen.

Auf einem neuen kommunalen Friedhof könnten daher verschiedene Bestattungsformen angeboten werden – zum Beispiel in Urnengräbern, im Friedwald oder in anonymen Gräbern. Vorbehalten bleibt der Friedhof aber für Lohner Bürger beziehungsweise für diejenigen, die in Lohne ihre Wurzeln haben.

Vorbild ist der städtische Friedhof im westfälischen Ibbenbühren. Diesen hat die Arbeitsgruppe im vergangenen Jahr besucht. Hier gibt es einen separaten Teil für muslimische Gläubige. Deren religiöse Vorgaben unterscheiden sich von den christlichen. So sollten Verstorbene gen Mekka begraben werden. Darstellungen von Lebewesen rund um die Grabstelle sollten fehlen.

„Wir möchten den Angehörigen anderer Glaubensrichtungen zeigen, dass sie Teil unserer Gemeinschaft sind. Der Friedhof ist daher ein Beitrag zur Integration“, sagt Gerdesmeyer.

Die Vertreter des islamischen Kulturvereins und der türkischen Gemeinschaft in Lohne begrüßen die Bemühungen der Stadt ausdrücklich. „Dies wird die Integrationsbemühungen verstärken, wenn wir sagen können: Hier könnt ihr auch die letzte Ruhe finden“, sagt Ali Boydak, Präsident des Sportvereins Amasyaspor und Sprachrohr vieler türkischstämmiger Lohner. „Heimat ist dort, wo die Vorfahren begraben sind“, zitiert Boydak ein türkisches Sprichwort.

„Wir sind es den Menschen schuldig, die hier in dritter und vierter Generation leben und Lohne als ihre Heimat sehen“, sagt Ursula Große Holthaus, Vorsitzende des Runden Tisches für Integration und Völkerverständigung. Dirk Vulhop, Vertreter des islamischen Kulturvereins pflichtet ihr bei: „Es gibt viele Muslime, die ihr Herzblut in Lohne haben.“ Und das seien nicht nur Menschen mit türkischen Wurzeln, sondern auch Menschen, die aus dem arabischen Raum, aus Bosnien oder anderen muslimischen Ländern teilweise schon vielen Jahren nach Lohne gekommen und hier heimisch geworden seien.

Bürgermeister Tobias Gerdesmeyer prognostiziert einen langen Prozess, bis der Standort und die Infrastruktur für einen neuen kommunalen Friedhof geschaffen sein werden. Das Ziel: „Wir möchten einen möglichst breiten gesellschaftlichen Konsens erzielen.“