Lohner Kita-Leitungen üben Kritik am neuen Landesgesetz

Veröffentlicht am: 04.05.2021
Gespräch mit Bürgermeister Gerdesmeyer zum Entwurf

Kita-GesetzBürgermeister Tobias Gerdesmeyer (oben, 2. Von links) sprach per Videokonferenz mit den Leiterinnen und Leiter sowie Vertretern von Trägern und Stadt über das neue Kindertagesstätten-Gesetz.

Im niedersächsischen Landtag steht derzeit die Überarbeitung des Gesetzes über Kindertagesstätten und Kindertagespflege – kurz KiTaG – auf der Tagesordnung. Mit dem Gesetzesentwurf erfahren fast 30 Jahre alte Regelungen zum Betrieb in den Kitas des Landes eine Neuordnung. Doch diese neue Fassung stößt bei den betroffenen Kita-Leitungen, beim Personal und bei den Eltern auf Ablehnung.

Auch in Lohne formiert sich Widerstand gegen das neue Kita-Gesetz. Die Kita-Leitungen sprachen darüber am Dienstag (27. April) mit Bürgermeister Tobias Gerdesmeyer, der zu diesem Austausch eingeladen hatte. Der einhellige Tenor: Das neue Gesetz bringe keine Qualitätsverbesserung, schaffe kaum Anreize, dem Fachkräftemangel entgegen zu wirken und blähe die Bürokratie auf. Die Lohner Kindertagesstätten haben sich daher dem Aktionsbündnis Kita-Gesetz angeschlossen – ein Zusammenschluss aus dem Bündnis für Kinder und Familien in Niedersachsen, dem Katholischen Büro Niedersachsen, der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen, der Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) Elterninitiativen, der LAG der freien Wohlfahrtspflege sowie der Gewerkschaft ver.di.

Die Lohner Kita-Leitungen sind enttäuscht vom Gesetzesentwurf der Landesregierung. Ihre Hauptkritikpunkte im Überblick:

Personal in den Gruppen

Derzeit betreuen zwei Fachkräfte bis zu 25 Kinder pro Kindergarten-Regelgruppe. Daran hält der Gesetzesentwurf fest. Und das sorgt für Enttäuschung bei den Kita-Leitungen. „Eine dritte Fachkraft ist dringend notwendig“, betonte Ralf Pellenwessel, Leiter der katholischen Kindertagesstätte St. Stefan. Denn der Anspruch an das Personal steige stetig. Das neue Gesetz ermögliche es sogar, dass zeitweise drei weitere Kinder in der Gruppe aufgenommen werden können. Eine pädagogische Arbeit sei dann kaum noch möglich, so Pellenwessel.

Er äußerte zudem Zweifel an der Sinnhaftigkeit der vollständigen Abschaffung der Elternbeiträge im Kindergartenbereich. Die finanziellen Mittel hätten für Qualitätsverbesserungen genutzt werden können, so der Leiter der Kita St. Stefan.

Edith Kowalski, Leiterin der katholischen Kita St. Michael, pflichtete ihrem Kollegen bei: „Kitas sind keine Aufbewahrungsanstalten, sondern Bildungseinrichtungen. Die Bedarfe sind in den vergangenen Jahren anders geworden.“ Viele Kinder kämen mit einem großen Förderbedarf in die Kita, so Kowalski. Vor allem Kinder aus Migrationsfamilien bräuchten eine intensive Sprachförderung.

„Die Belastung an unser Personal ist enorm. Unter diesen Bedingungen finden wir kaum noch geeignetes Fachpersonal“, ist sich Edith Kowalski sicher.

Verfügungszeit

Wenn Erzieherinnen und Erzieher Elterngespräche führen, den Entwicklungsstand der Kinder dokumentieren oder pädagogischen Angebot vor- und nachbereiten, nutzen sie dazu eine Verfügungszeit. Diese beträgt laut Gesetz wöchentlich 7,5 Stunden und pro Gruppe – für beide Erzieherinnen insgesamt. „Das reicht hinten und vorne nicht“, sagte Ralf Pellenwessel.

Zwar hat die Stadt Lohne aus Eigeninitiative diese Verfügungszeit auf zehn Stunden erhöht. Die Kita-Leitungen wünschen sich aber eine Festschreibung im neuen Gesetz. Denn auch hier sei der Anspruch an das Kita-Personal gewachsen. „Vor allem die Beratung und das Gespräch mit den Eltern nehmen immer mehr Zeit in Anspruch“, so Pellenwessel.

Mangelnde Inklusion

Dass Kitas einen wichtigen Beitrag zur Integration und Inklusion von benachteiligten oder behinderten Kindern leisten, ist in der Fachwelt unbestritten. Doch das findet sich im vorliegenden Gesetzesentwurf nicht wieder. „Es gibt weiterhin keinen Rechtsanspruch auf Integration“, beklagte Christiane Rießelmann, Leiterin der Kita „Die großen Strolche“. Dabei werde in den Kindergärten und Krippen die Grundlage für die spätere Entwicklung der Kinder gelegt.

Wie geht es weiter?

Bürgermeister Tobias Gerdesmeyer äußerte großes Verständnis für die Forderungen der Kita-Leitungen. „Im Gesetzesentwurf fehlt es an konkreten Verbesserungen für die Kindertagesstätten“, erklärte Gerdesmeyer. Insbesondere die Forderung nach einem besseren Personalschlüssel, sprich der Drittkraft in den Regelgruppen, sei für ihn absolut nachvollziehbar. Dieses Ziel können in einem Stufenplan erreicht werden.

„Sicherlich kosten diese Maßnahmen Geld“, sagte Gerdesmeyer, „in enger Abstimmung von Land und Kommunen muss hier aber eine Lösung für bessere Arbeitsbedingungen gefunden werden.“ Auch Gerdesmeyer sah in diesem Zusammenhang die völlige Abschaffung der Elternbeiträge im Regelbereich kritisch. Das Geld fehle jetzt für die Qualitätsverbesserungen.

Mit seinen Amtskollegen werde Gerdesmeyer nun das Gespräch mit dem Land und seinen politischen Vertretern suchen. Derzeit wird das Gesetz in den Fachausschüssen des Landtages beraten. Die Politik muss sich derweil auch mit einer Online-Petition beschäftigen, die ebenfalls massiv Kritik an dem Gesetzestext übt. Geplant war ursprünglich, dass das neue Kita-Gesetz im August in Kraft tritt.